Die innere Leere – wenn das Leben kurz stillsteht
- Karin

- 52 minutes ago
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Kennst du das auch – diese Momente, in denen plötzlich alles sinnlos erscheint? Wenn du nach einer schönen Zeit oder einem intensiven Projekt in ein Loch fällst, obwohl doch eigentlich alles gut ist?
Ich durfte wunderschöne Herbstferien erleben und habe danach diese immens grosse Leere erfahren. Das möchte ich gerne mit dir teilen – einerseits, wie es sich anfühlt, diese Leere, dieses Gefühl, sich selbst zu verlieren, aber auch, wie du Schritt für Schritt wieder zu dir zurückfindest.
Ich komme aus einem Self-Retreat, wie ich das nenne. Ich habe mir drei Tage Auszeit gegönnt, weil ich mir die grossen Fragen des Lebens stellen wollte. Ich wollte mich wieder damit beschäftigen, was mich antreibt, was mir wichtig ist und wofür ich zukünftig einstehen will. Aber warum eigentlich?

Vom Meer in die Leere
Begonnen hat alles mit phantastisch schönen Herbstferien. Während einer Woche Urlaub durfte ich wieder einmal die Einfachheit des Lebens geniessen. In wunderbarer Gemeinschaft verbrachte ich eine Woche am Meer. Es war warm, ich konnte jeden Tag bei Sonnenaufgang joggen gehen, meine Batterien aufladen, den ganzen Tag am Meer verbringen, die Sonne geniessen und gute Gespräche führen.
Es brauchte nicht mehr. Obwohl es einen grossen Vergnügungspark und viele kulturelle Stätten gegeben hätte, die wir locker hätten besuchen können, war mein Bedürfnis ein anderes: mich jeden Tag mit dem Wasser zu verbinden und die Natur zu geniessen. Es war phantastisch.
Ich hatte das Gefühl, mein inneres Kind war überglücklich – auch mit der Einfachheit des Campingplatzes – und damit verbunden auch ich. Gerne erzähle ich in einer anderen Folge noch etwas mehr über das innere Kind.
Jedenfalls kam ich nach Hause von dieser Woche und erlebte ein Tief, wie ich es schon lange nicht mehr hatte. Ich fühlte nur diese Leere.
Warum Leere nichts Schlechtes ist
Diese Leere nach einer intensiven, schönen Zeit ist übrigens völlig normal. Unser Nervensystem fährt nach einer Phase der Fülle, der Verbundenheit oder des Glücks oft herunter – wie ein Pendel, das in die andere Richtung ausschlägt. Es ist der Moment, in dem das System sich neu sortiert. Genau da tauchen oft Zweifel auf.
Wir stellen alles in Frage, weil die Seele Raum schafft für Neues.
Dieser Leere gab ich Raum und Platz, und sie füllte meinen Tag aus. In meinen Reflexionen habe ich auch gemerkt, dass es bei mir noch etwas Tieferes berührt hat: das Thema Kinder.
Wenn Lebensmodelle nicht passen
Wer selbst Kinder hat, weiss, dass sich oftmals der Fokus von der Karriere auf die Familie verschiebt. Für viele werden die eigenen Kinder zur Erfüllung, zum Höhepunkt des Lebens – während Beruf und Karriere in den Hintergrund treten.
Kinder möchte ich aber zurzeit keine. Und diese Leere mit Kindern zu füllen, fühlt sich nicht richtig an – auch wenn das evolutionstechnisch vermutlich das „Richtige“ wäre.
Jedenfalls spürte ich, wie ich in einen Teufelskreis geriet und immer tiefer sank. Ich begann, mich zu hinterfragen: mein Können, mein Fachwissen, meine Angebote. Alles stellte ich in Frage.
Wozu eigentlich das alles?
Ich hatte den Bezug, die Verbindung zu meiner Vision verloren. Und so spürte ich, dass es Zeit wurde, mich wieder mit mir selbst zu verbinden und auf meinen Herzensweg zurückzukommen.
Mein Self-Retreat – zurück zum inneren Kompass
So gönnte ich mir ein Self-Retreat. Ich fuhr drei Tage in ein schönes Hotel und machte einige Coachingübungen mit mir selbst.
In Zeiten von Orientierungslosigkeit, Krisen oder Umbrüchen verlieren viele Menschen den inneren Halt. Wenn äussere Strukturen wegbrechen – etwa durch Jobverlust, Trennung, Krankheit oder schlichtweg eine innere Sinnkrise – entsteht ein Gefühl von Leere und Unsicherheit.
Genau hier spielt die persönliche Lebensguideline oder Lebensvision eine zentrale Rolle.
Psychologisch betrachtet geben uns Sinn, Ziele und Werte eine innere Landkarte. Sie helfen, Entscheidungen zu treffen, Prioritäten zu setzen und im Chaos des Alltags nicht den roten Faden zu verlieren.
Nach Viktor E. Frankl („…trotzdem Ja zum Leben sagen“) ist Sinnerleben eine der stärksten Kräfte der menschlichen Psyche. Wer sein Warum kennt, erträgt fast jedes Wie.
Ziele im Leben zu haben bedeutet nicht, starr einem Plan zu folgen, sondern sich bewusst auszurichten. Sie bieten Orientierung, Motivation und Sicherheit – auch dann, wenn sich der Weg verändert.
Eine Guideline ist wie ein innerer Kompass:→ Sie erinnert dich daran, wer du bist.→ Sie hilft dir, aus dem Herzen zu leben statt aus Angst oder Anpassung.→ Und sie stärkt dein Vertrauen in dich selbst und das Leben.
Vier Fragen, die dein Leben verändern können
Da mich diese Fragen weitergebracht haben, teile ich sie gerne mit dir:
1. Wie soll mein Leben aussehen?
Diese Frage zielt auf die Lebensvision ab. Sie öffnet den Raum für Imagination und Kreativität. Hier geht es nicht um konkrete To-do-Listen, sondern um ein inneres Bild deines erfüllten Lebens.
Du könntest dich fragen:
Wie würde ein Tag in deinem idealen Leben aussehen?
Welche Menschen sind an deiner Seite?
Wie arbeitest du, lebst du, liebst du?
Wie fühlst du dich in diesem idealen Leben?
Welche Umgebung, welches Tempo, welche Werte prägen dein Leben?
Je mehr du dies ausschmücken kannst, desto besser. Denn je mehr Gefühle mit Gedanken verbunden werden, desto kraftvoller wird das Bild.
2. Wer will ich sein?
Hier geht es um Identität. Die meisten Menschen definieren sich über Rollen („Ich bin Mutter“, „Ich bin Unternehmerin“), doch diese Rollen sind vergänglich.
Die tiefere Frage lautet: Wer bin ich, wenn alle Rollen wegfallen?
Du könntest fragen:
Welche Qualitäten sollen mich ausmachen (z. B. Mut, Sanftheit, Klarheit)?
Welche Version meiner selbst möchte ich leben – nicht um jemandem zu gefallen, sondern um meiner Wahrheit zu folgen?
Welche alten Selbstbilder darf ich loslassen?
Diese Frage fördert Selbstreflexion und stärkt die Selbstwirksamkeit – das Vertrauen, dass du aktiv gestalten kannst, wer du bist.
3. Wie fühlt es sich an, wenn ich der Mensch bin, der ich sein will?
Stell dir vor, du wärst schon dort – in deiner vollen Kraft, in deiner Wahrheit, in deinem Frieden.
Wie fühlt sich das in deinem Körper an?
Wie atmest du, wie sprichst du, wie gehst du durchs Leben?
Diese Übung kommt aus dem sogenannten Embodiment. Dein Körper speichert jede Erfahrung – auch die vorgestellte. Wenn du dir also regelmässig erlaubst, dich als dein bestes Selbst zu spüren, beginnst du automatisch, dich danach auszurichten.
4. Was nährt mich auf meinem Weg?
Diese Frage richtet den Blick auf Ressourcen, Selbstfürsorge und Sinnquellen. Gerade in Krisen ist es entscheidend zu erkennen, was Energie gibt – körperlich, emotional, spirituell oder sozial.
Du könntest fragen:
Welche Menschen, Tätigkeiten oder Orte geben dir Kraft?
Welche Routinen tun dir gut (z. B. Bewegung, Natur, Stille, Kreativität)?
Was inspiriert dich – Musik, Bücher, Gespräche, Rituale?
Welche Überzeugungen tragen dich in schwierigen Zeiten?
Zum Schluss schreibst du aus all deinen Ideen und Gedanken eine Zusammenfassung, eine Guideline, ein Mantra – nur für dich.
Wieder zurück zu mir
Ich habe in diesen drei Tagen wertvolle Antworten für mich gefunden. Vor allem aber bin ich wieder in Verbindung mit mir getreten. Ich habe wieder Zugang zu meinem inneren Kompass bekommen.
Ich durfte einige Hürden und Stolpersteine entlarven und auflösen – vor allem Themen, die nicht zu mir gehören. Und ich durfte einige Gespräche mit meinem inneren Team führen.
Jetzt, nach dieser Zeit, fühle ich mich wieder viel leichter und lockerer und freue mich auf alles, was kommt.
Wenn du dich also gerade orientierungslos fühlst – dann ist das in Ordnung. Es ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Hinweis deiner Seele, dass du bereit bist, dich neu auszurichten.
Nimm dir Zeit. Schreib dir deine Gedanken auf. Und erinnere dich immer wieder daran:
Ich bin auf meinem Weg. Ich bin genug. Ich bin Ich.




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