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#11 Hart vs. Weich - Oder warum wahre Stärke in der Weichheit liegt

  • Writer: Karin
    Karin
  • 6 days ago
  • 3 min read

Das ist ein Thema, das ich jahrzehntelang falsch verstanden habe. Und während ich diese Zeilen schreibe, merke ich, dass ich es selbst erneut reflektiere.

Wir leben in einer Welt, in der Härte belohnt wird:

  • Wer sich durchsetzt, gilt als stark.

  • Wer viel leistet, wird bewundert.

  • Wer unerschütterlich wirkt, bekommt Respekt.

Doch Weichheit – und damit verbunden auch Offenheit, Mitgefühl, Verletzlichkeit, Empathie – wird oft als naiv, schwach oder unprofessionell abgetan. Auch ich habe das lange geglaubt. Deshalb wollte ich als Kind lieber ein Junge sein. Verletzlich und weich – das wollte ich nicht sein.

In unserer Gesellschaft führt dieses Denken dazu, dass viele Menschen lernen, sich emotional zu panzern. Wir bauen Mauern, um nicht verletzt zu werden – und merken nicht, dass wir dadurch auch die Verbindung zu uns selbst und zu anderen verlieren. Wir sind nicht mehr wirklich berührbar, nicht mehr nahbar.


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Meine damalige Sicht

Bis vor wenigen Jahren hatte Weichheit in meinem Leben kaum Platz. Ich erinnere mich gut an Zeiten, in denen ich keinesfalls weich sein wollte – denn weich bedeutete für mich schwach. Ich hatte das Gefühl, ich müsse ständig etwas tun, stark sein, mich beweisen, mich behaupten. Ich erlaubte mir nicht, feinfühlig, verletzlich oder empfänglich zu sein. Diese Seite existierte schlicht nicht – im Gegenteil.

Wie ich in anderen Podcasts schon erzählt habe, hatte ich starke innere Antreiber, die mich dazu trieben, immer mehr zu geben, immer weiterzumachen. Pausen, Loslassen oder freie Tage geniessen – das war für mich schwierig.

In meiner Zeit in der Gastronomie spürte ich deutlich, dass dort für meine sensible, fühlende Seite kaum Platz war. Ich hatte keinen Zugang zu meiner Weiblichkeit. Frauen, die genau das lebten – weich, empfangend, verbunden – triggerten mich zutiefst. Sie hielten mir vor Augen, was ich selbst nicht leben konnte.

Mit der Zeit aber spürte ich immer stärker, dass etwas in mir ausbrechen will. Dass ich die Hälfte meines Lebens verpasse, wenn ich diese Weichheit nicht zulasse. Und als ich begann, sie zuzulassen, hat sich alles verändert.


Die Kraft der Weichheit

Seit ich weicher geworden bin, sind meine inneren Fühler viel stärker auf Empfang gestellt. Natürlich hat auch das Veränderungen mit sich gebracht.

Vor einiger Zeit wurde ich von einem Journalisten der Zeitschrift Gesundheitstipp angeschrieben. Er schrieb einen Artikel über Retreats und deren Wirkung auf die Gesundheit. Ich durfte ihm ein paar Fragen beantworten. Kurz darauf meldete er sich erneut und schrieb, dass er sich mit Experten ausgetauscht habe. Sie hätten meine Retreats sehr positiv kommentiert – abwechslungsreich, kreativ, wertvoll. Doch dann kam der Zusatz:

„Allerdings sei nicht klar, nach welchen konkreten Methoden gearbeitet wird. Der Nutzen sei nicht bei allen angewendeten Methoden wissenschaftlich belegt. Und die dreitägige Dauer sei zu kurz für eine nachhaltige Erholung.“

Diese Nachricht hat mich sehr berührt – und zugleich tief nachdenklich gemacht. Denn sie zeigt genau das, worüber ich in diesem Podcast spreche:Wie funktioniert unsere Welt, unsere Gesellschaft heute?

Es reicht offenbar nicht, dass Retreat-Teilnehmende in ihren Rückmeldungen Worte verwenden wie Wohlfühlumgebung, Auszeit vom Alltag, Rückzugsort, Weg zu sich selbst finden, geschützter Rahmen, gestärkt, unvergesslich, berührt, erfüllt.

Unsere Gesellschaft will mehr. Wir wollen messbare Ergebnisse. Erfolgsgarantien. Zahlen, Daten, Fakten. Es reicht nicht mehr, dass etwas sich gut anfühlt. Und genau das finde ich so schade. Wohin führt das?

Wird in Zukunft KI über unser Wohlbefinden entscheiden? Werden wir immer mehr den Zugang zu unserem fühlenden Selbst verlieren? Werden wir alle härter, zielstrebiger, disziplinierter – und damit auch leerer?

Was passiert, wenn wir den Kontakt zu unserem weichen, fühlenden Kern verlieren?Wenn uns Uhren sagen, dass wir gut geschlafen haben – auch wenn wir uns müde fühlen?Wenn Geräte uns vorgeben, was gut für uns ist – und wir selbst nicht mehr wahrnehmen, was wir brauchen?


Der Schlüssel

Ich glaube, hier liegt der Schlüssel für unsere Zeit:

  • Dass wir wieder lernen, den Zugang zu unserem fühlenden Selbst zu finden.

  • Dass wir uns selbst wahrnehmen – mit Körper, Herz und Seele.

Wir dürfen wieder spüren, was wir brauchen. Wir dürfen uns Pausen erlauben. Wir dürfen innehalten. Wir dürfen Härte dort leben, wo Klarheit gebraucht wird – in Grenzen, Entscheidungen, Verantwortung. Und Weichheit dort, wo Menschlichkeit gebraucht wird – in Begegnungen, im Zuhören, in Konflikten, in der Führung.

Die Zukunft gehört nicht den Härteren,sondern denen, die weich bleiben können,auch wenn die Welt rau wird.

 
 
 

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