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#03 Zugehörigkeit – warum wir uns oft verbiegen, um dazuzugehören

Seit ich verstanden habe, dass Zugehörigkeit ein Urbedürfnis von uns Menschen ist, sehe ich vieles in meinem Leben klarer. Denn ja – wir alle richten unser Handeln danach aus. Manchmal bewusst, oft unbewusst. Und nicht immer auf eine Weise, die uns guttut. Ich selbst habe mich viele Jahre stark angepasst, mich untergeordnet oder sogar verbogen – nur um das Gefühl zu haben, dazuzugehören.


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Ein Blick zurück in die Menschheitsgeschichte

Zugehörigkeit war früher Überlebenswichtig. In der Zeit der Jäger und Sammler war der Mensch als Einzelner schwach – aber als Gruppe stark. Nur gemeinsam konnte man jagen, die Höhle bewachen, Kinder versorgen oder sich gegen Feinde und wilde Tiere verteidigen. Ein einzelner Mensch hätte es kaum geschafft, dauerhaft Nahrung und Schutz zu finden, Krankheiten zu überstehen oder Verletzungen zu heilen. Das bedeutet: Ohne die Gruppe gab es kein Überleben.


Dieses evolutionäre Wissen steckt bis heute in unserem Nervensystem. Soziale Isolation kann Stress, Angst oder sogar Panik auslösen, weil unser Körper unbewusst denkt: Wenn ich allein bin, bin ich in Lebensgefahr. Und obwohl wir heute in einer modernen, sicheren Welt leben, reagiert unser Gehirn noch immer nach diesen alten Mustern. Ein kritischer Blick im Meeting, ein böses Wort des Kollegen oder die Präsenz des autoritären Chefs kann dieselbe Stressreaktion auslösen wie früher das Knurren eines Raubtieres.


Strategien, um dazuzugehören

Weil Zugehörigkeit so tief in uns verankert ist, entwickeln wir Strategien, um nicht ausgeschlossen zu werden. Vielleicht erkennst du dich in einer oder mehreren davon wieder:

  1. Anpassung / Gefallen-wollen  man sagt Ja, obwohl man Nein meint, übernimmt fremde Meinungen oder Werte und wird zum „Everybody’s Darling“. Doch dabei kann die eigene Identität verloren gehen.

  2. Unterwerfung / Rückzug  man vermeidet Konfrontationen, macht sich klein und ordnet sich unter. Die eigenen Bedürfnisse verschwinden im Hintergrund.

  3. Perfektionismus  „Wenn ich alles richtig mache, kann man mich nicht ablehnen.“ Zugehörigkeit wird über Leistung "erkauft".

  4. Rebellion „Wenn ich eh nicht dazugehöre, will ich es auch nicht.“ Man grenzt sich bewusst ab, obwohl innerlich die Sehnsucht nach Verbindung bleibt.

  5. Überanpassung an Gruppenrollen man ist die Lustige, die Kümmernde oder die Macherin, nur um den Platz in der Gruppe zu sichern.

  6. Emotionale Überverantwortung man übernimmt Verantwortung für das Wohlergehen aller anderen, oft auf Kosten der eigenen Bedürfnisse.

  7. Selbstverleugnung / Maskentragen man zeigt nicht, wer man wirklich ist, sondern verbirgt Gefühle und Ecken, um „gesellschaftstauglich“ zu wirken.


Was früher Schutz war, ist heute vielleicht gar nicht mehr notwendig

Diese Muster waren und sind Überlebensstrategien. Sie haben uns geholfen, in schwierigen Situationen nicht ausgeschlossen zu werden. Heute aber führen sie oft zu Selbstverlust, innerer Leere oder Erschöpfung.

Wahre Zugehörigkeit entsteht nicht, wenn wir uns anpassen, sondern wenn wir uns zeigen dürfen, wie wir wirklich sind – mit unserer Einzigartigkeit, mit Licht und Schatten.

 

 
 
 

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